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standen haben, war er der Ansicht, dass sie sich an sich gar nicht widersprechen können. Wir sahen, wie in seiner Lehre das natürliche und das göttliche Gesetz a priori und a posteriori übereinstimmen. Dals die vorgetragenen Ansichten über die Rechte der Staatsgewalt mit der Heiligen Schrift im Einklang sind, sucht er im 11. und teilweise im 12. Kapitel seines Werkes zu beweisen. Die Vorschriften des bürgerlichen Gesetzes können ebensowenig dem natürlichen Gesetze widersprechen, weil die Vernunft die Quelle beider ist und beide dasselbe Ziel, Erhaltung des Friedens, anstreben1. Wohl enthält das bürgerliche Gesetz mehr und andere Forderungen als das natürliche Gesetz, vornehmlich deshalb, weil sich der gesellschaftliche Zustand verändert hat2. Endlich ist die Herrschaft des Staates auf dem religiösen Gebiete nur scheinbar vorhanden, da nach Hobbes der christliche Staat dasselbe ist wie die christliche Kirche.

Nichtsdestoweniger mag es im Leben zu Disharmonien kommen. Denn die Vernunft des einzelnen ist kein untrügliches Vermögen *, die wechselnden äusseren Lebensbedingungen führen zu wechselnden Gesetzen, es entstehen religiöse Streitigkeiten und zwar meistens aus einem Mifsverstehen der göttlichen Lehren, aus Habsucht und Herrschsucht 5. Hobbes sagt irgendwo, dafs der Inhaber der Staatsgewalt unfehlbar sei; er ist es nicht mehr und

1 The law of nature, and the civil law contain each other and are of equal extent. When a commonwealth is settled, then are they actually laws. . . The law of nature_therefore is a part of the civil law in all commonwealths of the world. Reciprocally also, the civil law is a part of the dictates of nature. Leviathan II, 26.

2 Siehe § 9 des XIV. Kap. „Die zehn Gebote über die Ehrfurcht gegen die Eltern, gegen den Mord, den Ehebruch, den Diebstahl und den Meineid sind Staatsgesetze. Da es auf den Gesetzen des Staats beruht, dafs jeder sein eigenes von dem eines andern unterschiedenes Recht habe, und dafs er gehindert sei, in fremdes Eigentum einzubrechen, so folgt, dafs solche Gesetze Gesetze des Staats sind. Die natürlichen Gesetze gebieten wohl dasselbe, aber nicht ausdrücklich; denn das natürliche Gesetz verlangt die Innehaltung der Verträge und also auch Gehorsam da, wo dieser ausgemacht worden ist, und sich des fremden Guts zu enthalten, sobald die Staatsgesetze bestimmt haben, was als solches anzusehen ist... Das natürliche gilt zwar in dem Naturzustande; allein anfänglich (weil die Natur alles allen gegeben hat) gab es nichts Fremdes, und deshalb konnte fremdes Eigentum auch nicht angegriffen werden; auch war da alles gemeinsam und deshalb auch jeder Beischlaf erlaubt; und drittens galt da der Kriegszustand, und deshalb war das Töten kein Unrecht u. s. w., a. a. O. p. 177.

3 Kap. XVII, § 21 a. a. O. p. 246. Um diesen Punkt klar zu machen, wäre es notwendig, das 15., 16., 17. und 18. Kapitel ausführlich zu behandeln, was um so weniger unsere Aufgabe sein kann, als Philosophen von Beruf es nicht thun.

4 Anmerkung zu § 1, Kap. II, p. 42 a. a. O.

5

Kap. XVIII, § 14. „Indes wird mein Ausspruch weniger sonderbar erscheinen, wenn man bedenkt, dafs es bei den meisten Streitfragen sich nur um die menschliche Herrschaft handelt, bei andern um den Gelderwerb und bei andern um den Ruhm des Geistes“ a. a. O. p. 274.

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nicht minder als jedes Individuum und jeder Gerichtshof; aber die Unzuträglichkeiten, welche aus diesem Mangel hervorgehen, sind geringer als diejenigen, welche aus der Freiheit der einzelnen auf sittlichem und religiösem Gebiete entspringen.

Wenn auch Hobbes Staatssittlichkeit und natürliche Sittlichkeit nicht deutlich genug getrennt hat, so sagt er doch ausdrücklich, ,,dafs die natürlichen Gesetze das Wesentliche der Moralphilosophie bilden. Ich habe davon hier nur die Lehren behandelt, welche sich auf unsere Erhaltung beziehen und gegen die Gefahren, die aus dem Unfrieden entspringen, sich richten. Daneben giebt es aber noch andere Lehren der natürlichen Vernunft, aus denen andere Tugenden entspringen; so ist die Mäfsigkeit ein Gebot der Vernunft, weil die Unmässigkeit zu Krankheit und zum Verderben führt; ebenso die Standhaftigkeit, d. h. das Vermögen, bei gegenwärtigen Gefahren, die schwerer zu vermeiden, als zu überwinden sind, kräftigen Widerstand zu leisten; denn sie ist ein Mittel, wodurch sich der Widerstehende erhält" 1.

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Aus dieser Stelle geht hervor, dafs sein Werk keine vollständige Theorie der Ethik enthält. Wichtiger war für ihn seine Staatslehre, das Verhältnis des Staatsoberhauptes zu den Bürgern, sowie des Staates zur Kirche.

Die natürlichen Gesetze sind nach seiner Lehre unveränderlich und ewig; Stolz, Undankbarkeit, Vertragsbruch u. s. w. werden nie erlaubt sein, sie verpflichten vor dem Gewissen. ,,Dagegen können die äufseren Handlungen nach den Umständen und dem bürgerlichen Gesetz sich so verschieden gestalten, dafs das zu einer Zeit Rechte zu einer andern Zeit unrecht wird, und das zu einer Zeit Vernünftige zu einer andern unvernünftig wird. Die Vernunft bleibt aber dieselbe und wechselt weder ihr Ziel, welches in dem Frieden und in der Verteidigung besteht, noch die Mittel, d. h. jene Tugenden der Seele, die oben dargelegt worden sind und die durch keine Gewohnheit und kein bürgerliches Gesetz aufgehoben werden können“.

Das Endergebnis unserer Betrachtung wäre also folgendes: Der Codex der Sittlichkeit jeder Zeit, in welcher durch Vertrag ein Staat errichtet worden ist, enthält zwei Arten von Normen: ewige, unveränderliche Naturgesetze und nach den gesellschaftlichen Zuständen wechselnde bürgerliche Gesetze, jene Folgerungen der rechten Vernunft des einzelnen, diese Folgerungen der „,Vernunft des Staates". Da Hobbes es unterliefs, eine scharfe Grenzlinie zwischen beiden zu ziehen, sich auch in anscheinende

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a. a. O. p. 66, Kap. III, § 29.

3 Den Ausdruck: Vernunft des Staates", braucht Hobbes selbst. Anmerkung zu Kap. II, § 1.

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Widersprüche über ihr gegenseitiges Verhältnis verwickelte, selbst die,,Vernunft des Staates" voranstellte, hielten sich seine Gegner an die Lehre, dafs die Staatsgewalt darüber entscheide, was sittlich und was unsittlich sei, und übersahen, was er über das naturgesetzlich Sittliche gelehrt hatte.

In die vorhergehende Darstellung sind auch schon die Ansätze zu einer Ethik mit verwoben worden, weil ihrer im folgenden noch gedacht werden muss und sie, aus dem Zusammenhang des Ganzen gerissen, nicht so verständlich sind.

Hören wir schliesslich das Urteil des gründlichsten Forschers auf dem Gebiete des Naturrechtes über die Doktrinen des Thomas Hobbes. Er, sagt Gierke, habe es zuerst versucht, „auf dem Boden und mit dem Rüstzeug des Naturrechtes selber das Naturrecht zu sprengen. Denn er setzte das vorstaatliche Recht des Naturzustandes zu einem Jus inutile" herab, das in Wahrheit nicht einmal den Keim eines Rechtes enthielt; er liefs im Staat, durch dessen Befehl und Zwang erst Recht entstehen sollte, jedes nicht von ihm selbst erzeugte Recht vollkommen untergehen; er verwarf schlechthin jeden Gedanken einer rechtlichen Gebundenheit der über die Begriffe Recht und Unrecht souverän entscheidenden Staatsgewalt 1. So kann die Frage erhoben werden, ob Hobbes in eine Darstellung der Entwicklung des Naturrechtes gehöre. Selbst wenn wir nicht wüfsten, dafs die beiden einander widersprechenden Auffassungen vom Naturrecht, welche wir als die stoische und epikureische bezeichnet haben, sich immer wieder durchkreuzt haben, würde es notwendig sein, Hobbes eingehend zu betrachten, weil er das Naturrecht und die Ethik der folgenden Zeit so stark beeinflusst hat. Ich denke dabei im Umkreise des Naturrechtes nicht an Spinoza, welcher die psychologischen und sociologischen Grundanschauungen mit ihm teilt, aber zu einer verschiedenen Staatslehre gelangt, sondern an Pufendorf, den Mann, welcher aus den disjecta membra ein System geschaffen hat, den Zeitgenossen aufgeklärter, absoluter Fürsten, denen er auch in seinem Leben nahe steht und deren Mission er mit seinem System unterstützt.

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Die grofsen Verdienste, welche sich Pufendorf um das Naturrecht erworben hat, bestehen, soweit ich das beurteilen kann, in der völligen Befreiung der jungen Wissenschaft von der Theologie, was ihm bekanntlich schwere Kämpfe eintrug, in einer

1 Gierke, Althusius p. 300.

meisterhaften Systematik, die sich im wesentlichen bei seinen Nachfolgern erhalten hat, in der so schwierigen und mühevollen Ausfüllung des wissenschaftlichen Gerüstes mit einem wertvollen Inhalte und endlich in seiner klaren, lichtvollen Darstellung.

Dagegen scheint mir die philosophische Grundlegung, welche er dem Naturrechte gegeben hat, nicht so bewundernswert. Ich glaube, dafs er in drei Irrtümern befangen ist. Erstens stellt er sich formell auf den Boden der Socialitätstheorie. Aus ihr läfst sich aber das Naturrecht in dem Sinne eines ewigen, unveränderlichen, vor und über allem positiven Rechte bestehenden Naturrechtes nicht herleiten, wie schon bei Grotius angedeutet wurde, sondern nur aus der Annahme eines höchsten, weisen und gcrechten Wesens, welches entweder das Weltall durchdringt oder das Weltall und die Menschen, diese nach seinem Ebenbild erschaffen hat. Zweitens glaubt Pufendorf sich der Lehre der Stoiker zu nähern, wie erinnerlich sein wird, obgleich die Stoiker das Recht nicht aus der Gemeinschaft hergeleitet haben. Drittens ist seine Socialitätstheorie weder die stoische, noch die grotianische, sondern eine sonderbare Ausgestaltung der Hobbesschen 1.

Die selbstsüchtigen und furchtsamen Urmenschen Pufendorfs haben dasselbe Bedürfnis nach Gemeinschaft wie diejenigen des Philosophen von Malmesbury; hüben und drüben ist das Princip des Naturrechtes ein interessierter Geselligkeitstrieb, so wenig die Menschen von Natur für die Geselligkeit geschaffen sind. Nachdem sich Pufendorf zu den psychologischen Anschauungen des Engländers bekannt hat, sollte man nun auch erwarten, dafs er weiter auf den Bahnen seines Vorgängers fortschreiten würde. Aber mit einem kühnen Salto mortale springt er formell zu Grotius hinüber. Da Wohl und Wehe der Menschen von ihrer „Sociabilität“ abhängt, so sollen sie das Wohl der Gesellschaft im allgemeinen mit allen ihren Kräften zu erhalten und zu fördern suchen. Dies nennt Pufendorf das Grundgesetz des Naturrechtes, und die Gesetze dieser Sociabilität bezeichnet er als Naturgesetze.

Ich weifs nicht, ob Warnkönig mit seiner Behauptung recht hat, Pufendorf wolle Grotius mit Hobbes versöhnen. Im übrigen ist seine Kritik meines Erachtens durchaus zutreffend. Vor allem seine Bemerkung, dafs das gesamte Naturrecht Pufendorfs dahin geht, zu zeigen, was infolge jenes officium recht sein soll. Seine Doktrin nimmt durchaus den Charakter einer Moraltheorie an, d. h. den einer für die geselligen Verhältnisse berechneten

1 Ähnlich urteilt Raumer: „Sein Geselligkeitsgrundsatz führt zwar auf milderem Weg zu dem Gebote: suche den Frieden! aber er lautet doch ebenso wie bei Hobbes, und der Eigennutz hat zuletzt nur ein schönes Kleid übergehangen." Raumer: Über die geschichtliche Entwicklung der Begriffe von Recht, Staat und Politik. 1832. p. 49.

Pflichtenlehre, die also nicht zeigt, was infolge der Gesetzgebung der menschlichen Vernunft wirklich Rechtens ist, sondern was es sein soll. Seine Raisonnements sind fast stets teleologischer Art, wie die der Verteidiger des Nützlichkeitssystems" 1

In dieser den Gegensatz des wahren und des Pufendorfschen Naturrechtes scharf hervorhebenden Kritik ist nur der letzte Satz überflüssig. Denn wie wäre es möglich, dafs Pufendorf, der im Gefolge von Hobbes wandelt, andere als Nützlichkeitserwägungen anstellen könnte? Pufendorf hat diesen schwachen Punkt seines Systems wohl gefühlt. Obgleich, führt er aus, die Befolgung der Naturgesetze von offenbarem Nutzen sei, so hätten sie doch erst Gesetzeskraft, wenn man voraussetze, dafs es einen Gott gebe, der den Menschen die Befolgung dieser Gesetze vorgeschrieben habe. Dies sucht er zu zeigen. Dafs aber dadurch der Charakter seines Naturrechtes nicht verändert wird, ist wohl klar. Aus dem unsichern Charakter der philosophischen Grundlegung, die zwischen Stoicismus und Epikureismus schwankt, und aus dem Bedürfnisse der Zeit nach einer starken monarchischen Gewalt erklärt es sich, dafs Pufendorf im Gegensatz zu dem konsequenteren Hobbes für den Rechtscharakter des Naturrechts eintritt und lehrt, dafs es im Naturzustande gegolten habe, aber andererseits, was die Fortdauer des ursprünglichen natürlichen Rechtes der Individuen im Staate betrifft, sich trotz einzelner Schwankungen für Hobbes entscheidet. Die Sklaverei übernimmt er in sein System, wenn er auch dem Herrn einschärft, nicht zu vergessen, dafs der Sklave ebensowohl ein Mensch sei, wie er selbst. Von dem Augenblick des Eintritts in die bürgerliche Gesellschaft begeben sich die Menschen nach Pufendorf der natürlichen Freiheit und Gleichheit. Der Souverän ist von den Gesetzen gelöst, die er selbst giebt. Gegen die Launen, Härten und Grausamkeiten des Herrschers kennt Pufendorf nur geduldiges Ertragen oder die Flucht. Aber er tritt für eine humane Behandlung der Bürger und dafür ein, dafs der Souverän dem Naturrecht Gesetzeskraft gebe.

Auch die Thatsache, dafs Pufendorf die Socialität zum Princip des Naturrechts machte, verhinderte ihn, die volle Freiheit der Individuen zu fordern.

Zum Schlusse haben wir noch zwei Bemerkungen zu machen, die sich nicht auf das Wesen des Naturrechtes beziehen, sondern auf den Inhalt und die Methode, welche Pufendorf dem Naturrecht gab. Sein System ist die Darstellung einer universellen Pflichtenlehre, soweit sie durch die Vernunft erkennbar sind: der Pflichten der Menschen gegen Gott, sich selbst und die übrigen Menschen. So wird der Rahmen des Naturrechtes soweit gespannt, dafs es umfafst: 1. das Naturrecht im engeren Sinne, 2. einen Teil der Ethik, 3. das System der natürlichen Religion. Dadurch

1 Warnkönig, Rechtsphilosophie, p. 50.

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