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wegung in dem halb skeptischen, halb epikureischen/Montaigne und dem gröfsten Wiedererneuerer des Epikureismus, Pierre Gassendi, ihr Ziel erreichte, aber eine neue Bewegung in der modernen Ethik auslöste, haben wir an einer andern Stelle darzustellen.

Zunächst ist es für uns wichtig, die Thatsache ins Auge zu fassen, dafs im Gefolge der Humanisten neben den mit ihnen innerlich verwandten hervorragenden französischen Philologen die grofsen französischen Rechtsgelehrten des 16. Jahrhunderts schreiten. Durch ihre treue Arbeit vollzieht sich die Renaissance des römischen Rechtes. Ihr wissenschaftliches, auf die Wiederbelebung des Rechtes gerichtetes Interesse und ihr kritisches und exegetisches Können erheben sie weit über die mittelalterlichen Glossatoren, Postglossatoren, Legisten und Kanonisten. Unter ihnen ragt Cujas am meisten durch historischen Sinn hervor1. Die geschichtliche Richtung ihrer Studien, ihr durch Tradition und Glosse zur reinen Quelle durchdringender Geist weisen darauf hin, dafs sie Zeitgenossen der Reformatoren sind.

Der gemeinsame Zug aller Reformation ich spreche nicht von der Ursache oder dem Ursprung der Reformation der gemeinsame Zug aller Reformation von den Waldensern bis auf Luther, Calvin, Zwingli herab ist das Bestreben der führenden Geister, auf das Evangelium zurückzugehen, den Text, unbeirrt durch Überlieferung und Dogmen, auf sich wirken zu lassen und die kirchliche Verfassung der ersten Zeit des Christentums wieder ins Leben zu rufen. Darum erhalten auch die Studien der Reformatoren einen philologisch-historischen Charakter; es entstehen innere und äufsere Beziehungen zum Humanismus. Beide kämpfen gegen eine verweltlichte Kirche, gegen eine entsittlichte Geistlichkeit, gegen eine dumm und unwissend oder leer und spitzfindig gewordene Scholastik" 2. Beide arbeiten an dem Fundamente einer neuen Ethik und doch, obgleich der Stifter eines weltlichen Christentums" dem Natürlichen sein Recht zurückerobert und die irdischen Berufe wieder geheiligt hat, so werden der optimistische Heide und der pessimistische Christ durch ihre Ansicht von dem Werte der menschlichen Natur unüberbrückbar geschieden. Humanismus und Reformation ver(3) bindet auch der Kampf gegen Papst und ultramontane Kirche. Das gute Recht des Staates an sich und des nationalen Staates auf Selbständigkeit und Unabhängigkeit von der Kirche werden anerkannt, das heifst theoretisch; denn in Wirklichkeit wurde in

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1 Lerminier, histoire du droit, welcher Cujas und Donneau mit einander vergleicht, möchte den Ersten zum Stammvater der historischen Schule machen.

2 Siehe die Ausführungen von Th. Ziegler: Geschichte der christlichen Ethik. Strafsburg 1886. Kap. VIII: Humanismus und Reformation. Von Ziegler stammt auch der Ausdruck „Stifter eines weltlichen Christentums".

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protestantischen Ländern der Staat entweder der Herr oder der Handlanger der Kirche.

Durch diese Bestrebungen reichen Humanisten und Reformatoren den grofsen Politikern des 16. und 17. Jahrhunderts die Hand. Die politischen Schriften dieser Periode entspringen aus Bedürfnissen der Zeit, wie Humanismus und Reformation aus geistigen und sittlichen Bedürfnissen hervorgehen. Der Staat mufs frei von äussern Mächten sein, das richtige Verhältnis der Staatsgewalt zu den Gliedern des Staatsleibes gefunden und durchgeführt werden. Wie in dem Ringen für das Notwendige und Neue Humanismus und Reformation in dem Alten ihre Stütze suchen, so schöpfen auch die modernen Politiker aus den Quellen des Altertums, welche ihnen Humanisten und Reformatoren eröffnet haben. So verschiedene Geister, wie Machiavelli und Bodin, beide in ihrer Art für die moderne Staatsgewalt eintretend, haben ihre Ideale an dem Studium der klassischen Litteratur gereift1.

Andere suchen ihre Vorbilder im Alten Testamente. Männer, wie Arnisäus, Graswinckel, Filmer, möchten die absolute Monarchie auf das patriarchale Königtum bauen; die Politiker der kalvinistischen Richtung, welche durchweg ein entschieden freiheitlicher Geist kennzeichnet, suchen und finden unmittelbar in der heiligen Schrift nicht nur ausschliesslich die für das sociale Leben mafsgebenden religiösen und ethischen Wahrheiten, sondern zugleich Normen für die äussere Ordnung von Kirche und Staat" 2.

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Aus dieser gährenden Zeit geht nun auch das Naturrecht als selbständige Wissenschaft hervor. Sofern sich ein Entwicklungsgesetz der modernen Wissenschaft aus der vorher gegebenen Darstellung entnehmen lässt, darf man die Überzeugung aussprechen, dafs die neue Disziplin ihren Ursprung sowohl in den Bedürfnissen der Zeit habe, wie im Zusammenhang mit Humanismus, Reformation und Politik herangewachsen sei. Leider hat bis jetzt niemand genau nachgewiesen, welchen materiellen Ursachen, welchen theoretischen Anregungen es seine Entwicklung verdankt. Die Hervorhebung dieser Lücken soll keineswegs die Erwartung erregen, dafs sie auf den folgenden Seiten ausgefüllt würden. Denn dies kann nur die Aufgabe eines Geschichtschreibers des Naturrechtes oder der Philosophie sein, und eine Darstellung, wie die vorliegende, mufs sich teilweise auf derartige Schriften stützen. Nun ist aber die historische Betrachtung, welche die Ideen entweder ganz oder zum Teil als

1 Bluntschli, Geschichte der neueren Staatswissenschaft. 3. Aufl. München u. Leipzig 1881. 2. Kapitel.

2 Gierke, Althusius p. 56.

Spiegelungen der realen Verhältnisse auffafst, noch verhältnismässig neu und der Kampf zwischen den alten und neuen Ideen hat nirgendwo eine erschöpfende Darstellung gefunden. Wir besitzen ausgezeichnete Geschichten der Philosophie des Altertums, des Mittelalters und der neueren Zeit, aber kein eingehendes Werk über die Geschichte aller Zweige der Philosophie in der Übergangsperiode. Auch fehlt es uns an einem gründlichen Werke über die Geschichte der Politik. Was insbesondere das Naturrecht betrifft, so giebt es sowohl eine überreiche Anzahl von Darstellungen der Lehren der einzelnen Theoretiker, wie eine auf grofser Gelehrsamkeit beruhende und doch knappe, klare, juristische Geschichte des Ursprungs, der Entfaltung und Durchkreuzung der naturrechtlichen Ideen in Gierke's Werk Johannes Althusius" Aber überall vermi'st man den Nach- | weis des Zusammenhangs des Naturrechts mit der Philosophie. Es wäre eine Anmafsung, wenn ich die Absicht hätte, hiermit einen Tadel auszusprechen. Denn wie jede Wissenschaft für ihre Zwecke definiert, so betrachtet sie auch den wissenschaftlichen Stoff lediglich vom Gesichtspunkte ihrer Bedürfnisse. Ein Nationalökonom aber, dessen Wissenschaft im Zusammenhange mit der modernen Philosophie herangewachsen ist, hat allen Grund, sich der philosophischen Seite des Naturrechts zu erinnern. Er wird dann im Stande sein, bestimmte theoretische und praktische Sätze als notwendige Konsequenzen aus wenigen bestimmten Grundanschauungen zu begreifen, während sie dem Juristen, welcher die philosophische Basis des Naturrechts nicht in Betracht zieht, als willkürliche Ansichten der Theoretiker erscheinen, welche er sorgsam verzeichnet und in langem Zuge aneinanderreiht. Die Berücksichtigung der philosophischen Basis erleichtert aber nicht allein das Verständnis, sondern auch die Widerlegung.

Wenn ich es daher auf den folgenden Seiten wage, hierüber einige Andeutungen zu machen, so wird man die Mängel billig beurteilen, da ich kein Philosoph bin. Die eben so wichtige Frage, welchen Anteil die politischen und socialen Zustände an der Entwicklung des Naturrechts gehabt haben, vermag ich kaum mehr als zu stellen.

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I.
Vorbemerkung.

Wir werden die Entstehung des Naturrechts als selbständige Wissenschaft nicht völlig begreifen, wenn wir uns nicht deutlich machen, wie weit man vorgeschritten war, als Humanismus, Re

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formation und Politik ihre Einwirkung auf den mittelalterlichen Ideenkomplex begannen1.

Es existierten die Grundbegriffe des Naturrechts, wie sie das Altertum geschaffen hatte, bereichert durch die Idee des unmittelbar ausgesprochenen göttlichen Gesetzes. Sie hatten aber kein selbständiges Dasein, sie waren in theologischen und juristischen Schriften vorgetragen worden. Weiter waren die Prinzipien des Naturrechts noch nicht von den theologischen geschieden. Endlich wurden die naturrechtlichen Lehren nach scholastischer Methode vorgetragen. Sollte sich also eine selbständige Wissenschaft bilden, so mussten die Grundbegriffe aus ihrer bisherigen Umhüllung herausgeschält und entwickelt werden, im Falle man nicht die Begriffe der griechischen Philosophie und des römischen Rechts an ihre Stelle setzte. Für das Naturrecht mufste zweitens eine nicht weiter ableitbare Erkenntnis als Ausgangspunkt gesucht werden. In dem zweiten Kapitel wurde schon angedeutet, dafs das verhältnismässig leicht war: man brauchte nur von Gott abzusehen, um in der vernünftigen Natur des Menschen ein Erkenntnisprinzip zu entdecken. Aber Gott wurde dann doch meistens durch ein Hinterthürchen eingeführt, sodafs jener Begriff thatsächlich das Fundament der meisten Systeme der neuen Wissenschaft geblieben ist. Eine selbständige Methode hat das Naturrecht nicht entwickelt. Nachdem es die scholastische Methode abgestreift hatte, verfiel es der mathematischen, die seit Descartes und Hobbes in allen Wissenschaften die herrschende wurde. Henning hatte sie schon im 16. Jahrhundert gefordert.

Die Entstehung des selbständigen Naturrechtes, welches von allen verwandten Disciplinen, der Moralphilosophie einerseits, dem positiven Rechte und der Politik anderseits, säuberlich getrennt war, welches auf eigenen Principien beruhte und die scholastische Methode abgeworfen hatte, hat zwei Jahrhunderte in Anspruch genommen; erst bei Thomasius und erst in seiner Schrift Fundamenta juris naturae et gentium" ist diesen Erfordernissen genügt.

II.

Die theoretischen Faktoren des Naturrechts.

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Das moderne Naturrecht wurzelt theoretisch in den drei Mächten, welche vorher skizziert wurden in dem Humanismus, der Reformation und der Politik; aber es zieht seine Nahrung in verschiedenem Grade aus ihnen.

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1 Vergl. Kaltenborn, „Die Vorläufer des Hugo Grotius“. Leipzig 1848. p. 47. 48.

1.

Der Humanismus.

Zweifellos hat der Humanismus am meisten für die Wiederbelebung oder Kräftigung der naturrechtlichen Ideen gethan ; denn mit ihm ist die Wiedererweckung des römischen, naturrechtliche Bestandteile enthaltenden Rechtes und der antiken Philosophie aufs innigste verknüpft. Von der Renaissance des römischen Rechtes geht der erste Ansturm naturrechtlicher Ideen aus, nicht aber die Gestaltung einer selbständigen Wissenschaft.

Wir haben vorher der grofsen französischen Juristen des 16. Jahrhunderts gedacht. In ihrem Bestreben, das verschiedenartige Recht, welches in Frankreich galt, einheitlich zu gestalten, in ihrem Wunsche, der Krone in dem Ringen mit unbotmässigen Vasallen beizustehen, endlich in den Bedürfnissen ihres abstrakten logischen Geistes, der überall Schärfe der Begriffe, Klarheit der Deduktion, Symmetrie, Übersichtlichkeit verlangte, lag die Veranlassung zu einer Überschätzung der naturrechtlichen, in den Pandekten enthaltenen Lehren, die zunächst segensreich war. „Sie wurde leidenschaftlicher Schwärmer für das Naturrecht. Das Gesetz der Natur übersprang alle provinziellen und städtischen Schranken, es setzte sich über alle Unterschiede zwischen Edelmann und Bürger, zwischen Bürger und Bauer hinweg, es räumte der Klarheit, Einfachheit und dem System die erhabenste Stellung ein Man darf behaupten, dafs das Naturrecht das Gemeine Recht Frankreichs wurde oder wenigstens dafs die Anerkennung seiner Würde und seiner Ansprüche der eine Glaubenssatz war, dem alle französischen Rechtsgelehrten sich gleichmässig unterwarfen. Das Lob der vorrevolutionären Juristen kennt gar keine Grenzen, und es ist bemerkenswert, dafs die Schriftsteller über das Gewohnheitsrecht, welche sich oft für verpflichtet hielten, über das reine römische Recht absprechend zu urteilen, selbst in noch glühenderen Ausdrücken von der Natur und ihren Gesetzen reden als die Civilisten, welche die höchste Achtung vor den Pandekten und dem Codex bezeugen Die Hypothese eines Naturgesetzes war nicht so sehr eine Theorie geworden, welche die Praxis leitete, als ein spekulativer Glaubensartikel, und daher werden wir auch finden, dafs bei der Umwandlung, welche es später erfuhr, seine schwächsten Teile sich in der Achtung seiner Anhänger zur Höhe seiner stärksten erhoben“ 1.

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Unzweifelhaft hat das römische Recht noch in anderen Ländern die gröfsten Anregungen in der bezeichneten Richtung gegeben. So scheint Oldendorp, Professor der Rechte zu Köln

1 Sir Henry Sumner Maine: Ancient law. 10. Aufl. London 1885. p. 85. Mir scheint es, dafs der Verfasser die Bedeutung des philosophischen Naturrechts für Frankreich nicht genügend würdigt.

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