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der Engländer erhalten und ist durch Ricardo in „Das Kapital" von Marx hinübergeleitet worden. Viel gröfser und reiner stehen in dieser Beziehung die Physiokraten da. In Folge ihrer organischen Auffassung des Wirtschaftslebens, in Folge ihrer Würdigung des pflichtbewufsten Staates vermochten sie den wirtschaftlichen and den wirtschaftlich produktiven Charakter der sogenanuten unproduktiven" Ausgaben zu erkennen. Doch hierüber an einer andern Stelle. "but ste virti.

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Am Schlusse unserer Darstellung des Einflusses der modernen Ethik auf die Nationalökonomie drängen sich uns die Fragen wieder auf, welche wir am Ende des dritten Kapitels stellten. Vermögen wir sie jetzt zu beantworten? Gröfstenteils.

Darüber kann kein Zweifel bestehen, dafs die wichtigsten Züge der Quesnay'schen Lehre: die Herleitung der sittlich-rechtlichen Ordnung aus den Trieben der menschlichen Natur, die nicht nur in der Weise Shaftesbury's gezeichnet, sondern auch gewürdigt wird, der gläubige Optimismus, welcher das gesamte Weltsystem einschliefst, der Enthusiasmus für das Glück der Menschen, aber auch die durchaus dem Irdischen zugewandte Lebensanschauung, auf Shaftesbury hinweisen. Wenn man nun bedenkt, dafs die französische Litteratur des vorigen Jahrhunderts an den Werken Newton's, Locke's und Shaftesbury's herangewachsen ist, so hat die Thatsache auch nichts Erstaunliches.

Um so mehr verwundert es, dafs die Meinung ausgesprochen worden ist, die Psychologie und die Ethik des Helvetius bilde die Seele des physiokratischen Systems. Sie ist wohl dadurch entstanden, dafs Helvetius die Lehre vom Selbstinteresse konsequent ansbildete, dafs die Physiokraten dem Egoismus im Wirtschaftsleben eine centrale Stellung anwiesen und Helvetius ein Zeitgenosse der Physiokraten war. Diejenigen, welche sie hegten, übersahen aber, dafs Shaftesbury's System weit genug ist, um die physiokratische Lehre vom Selbstinteresse mit zu umfassen, dass er dem wirtschaftlichen Egoismus alle Konzessionen gemacht hat, welche die Nationalökonomie bedurfte. Sie übersahen weiter, dafs alle jene obengenannten Züge der physiokratischen Lehre durchaus nicht mit der Lehre des Helvetius ühereinstimmen. Und welcher tiefe Abgrund klafft zwischen der natürlichen Ordnung Quesnay's, welche Gott gegeben hat und welche die Staatsmänner nur auszuführen brauchen, um Wohlstand und Harmonie zu schaffen, und jener Allmacht und Weisheit der Staatsmänner des Helvetius, welche ein solches System von Gesetzen ausklügeln müssen, dafs das Individuum sich gezwungen sieht, sein Selbstinteresse in Einklang mit dem allgemeinen Interesse zu setzen, deren Harmonie mit allen gesetzlichen Mitteln zwungen werden mufs! In Quesnay und Helvetius prägt sich

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der Gegensatz von Stoizismus und Epikureismus mit aller Schärfe aus.

Hiermit soll nicht geleugnet werden, dafs sich Mercier durch Helvetius wie ja auch durch Wolff hat beirren lassen, an einigen Punkten vom geraden Wege abzuweichen. Und das mögen. unbedeutendere Köpfe noch häufiger gethan haben.

Da nun auch Smith sich eng an die ethischen Lehren Shaftesbury's anschliefst, was keines Beweises bedarf, so ergiebt sich also eine weitere geistige Verwandtschaft zwischen dem Schotten und François Quesnay. Diesseit und jenseit des Kanals ruht die Nationalökonomie auf den Grundlagen des Locke'schen Naturrechtes und der Shaftesbury'schen Ethik: hüben und drüben atmet sie in der Luft eines hochgesteigerten Individualismus.

Haben wir somit die Überzeugung gewonnen, dafs einige dunkle Seiten der physiokratischen wie der Smith'schen Lehre durch die Heranziehung der Philosophie Shaftesbury's aufgehellt werden, so bleiben doch noch Probleme, die sich hiermit nicht lösen lassen. In Beziehung auf die enge Verbindung zwischen Nützlichem und Sittlichem, welche sowohl Smith wie auch die Physiokraten, wenn auch in verschiedener Weise, annehmen, sind wir um keinen Schritt weiter gekommen. Denn die Lehre von der Harmonie von Sittlichkeit und Glückseligkeit, welche wir bei Shaftesbury fanden, kann diese Frage nicht beantworten. Die Glückseligkeit ist der Seelenzustand des sittlich Handelnden. Diese Stimmung ist die naturgemälse Folge des sittlichen Verhaltens, weil Shaftesbury die Sittlichkeit als etwas Natürliches betrachtet.

Ebensowenig wissen wir, wie Quesnay auf den Gedanken geführt wurde, das physische und das ethische soziale Gesetz zu verbinden.

Noch ein dritter Punkt harrt der Aufklärung. Es kann wenig befriedigen, dafs wir wissen, der Optimismus Quesnays stamme von Shaftesbury. Wir müssen die neue Frage stellen: Wie kam Shaftesbury zu seinem Optimismus? Hierüber wird uns vielleicht das Folgende Aufschlufs geben.

Zweiter Abschnitt.

Der Deismus.

Es wurde dargestellt, wie sich neben dem positiven Rechte ein Vernunftrecht, neben der religiösen Ethik eine philosophische erhob. Zur selben Zeit stellte sich eine Vernunftreligion der positiven zur Seite. Jene beiden Wissenschaften wählen die menschliche Natur zu ihrem Ausgangspunkte, sodass man sie auch als Naturrecht, als Natursittlichkeit bezeichnen kann; wir werden sehr bald sehen, weshalb die Vernunftreligion Naturreligion" genannt

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werden darf. Zu der inneren Verwandtschaft gesellt sich dann die Ähnlichkeit des Ursprungs.

Innerlich geängstigt und abgestofsen von dem, das sechszehnte und siebzehnte Jahrhundert durchtobenden Kampfe der Religionen, Konfessionen und Sekten, welche alle die Wahrheit zu besitzen vermeinen, forscht Herbert von Cherbury nach der wahren Religion, um der Sittlichkeit eine Stütze zu geben und einen Boden des Friedens zu bereiten, wo sich Alle freundlich begegnen können. Er findet, dass fünf Wahrheiten den Kern aller Religionen bilden: Das Dasein eines höchsten Gottes, die Pflicht seiner Verehrung, Tugend und Frömmigkeit als das Wesentliche der Gottesverehrung, die Verpflichtung, die Sünden zu bereuen und von ihnen zu lassen, Vergeltung teils in diesem, teils in jenem Leben1.

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Herbert schrieb in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts; er ist ein Zeitgenosse von Hugo Grotius, Francis Bacon, Thomas Hobbes; Anklänge an seine Lehre vernehmen wir schon früher2. Unter seinen Vorgängern ragt Jean Bodin weit hervor. In einigen seiner Äufserungen ist der Zusammenhang zwischen dem Naturrechte und der Naturreligion angedeutet. Er hält die älteste Religion für die wahre und beste, d. h. diejenige, welche das ewige Gesetz der Natur dem Menschen eingiebt und welche die Religion der Urzeit gewesen ist, die Religion der Natur". Die Beobachtung des Naturgesetzes genüge zur ewigen Glückseligkeit.

Bildet bei Bodin das Naturgesetz gewissermassen die Brücke, die vom Naturrechte zur Naturreligion führt, so offenbart sich bei Herbert jenes Vertrauen auf die der menschlichen Vernunft innewohnende Wahrheit, welches seine Zeit charakterisiert. „Der intellectus, das „reine Denken". . . bedarf des äufsern Dienstes der Gegenstände nicht, sondern erfreut sich seiner eigenen Wahrheiten. Diese Wahrheiten sind nämlich gewisse Gemeinbegriffe, die dem Geiste ursprünglich mitgegeben sind. . . . Fort also mit denen, welche unsern Geist für eine tabula rasa oder abrasa erklären". Sonderbar webt sich in diesen Rationalismus der empirische, inductive Zug des englischen Geistes. Die ange borenen Gemeinbegriffe werden nämlich dadurch entdeckt, dafs man in Beziehung auf einen bestimmten Kreis von Dingen diejenigen Gedanken aufsucht, über welche allgemeine Übereinstimmung herrscht; denn was in Allem sich auf eine und dieselbe

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1 Lechler, Geschichte des englischen Deismus, 1841, S. 42 ff. Der Gesichtspunkt, unter welchem Herbert die Religion auffafst, ist der sittliche: die Religion ist zu dem Behuf gegeben worden, damit die Menschen zu demjenigen, was sie von selbst thun sollten, verpflichtet würden und zugleich die gemeinsame Eintracht aller gewährt würde.“

2 a. a. O. p. 11-26.

3 a. a. O. p. 31. Hier sind die bezeichnendsten Stellen wörtlich angegeben.

Weise verhält, das mufs vom natürlichen Instinkt hergeleitet werden". Da nun die Religion zu den Gemeinbegriffen gehört, so mufs man erforschen, was in Beziehung auf sie allgemein anerkannt ist; man vermag so die frivolen und verderblichen Dogmen von den guten und nützlichen zu unterscheiden. Auf diesem Wege gelangt Herbert nicht ohne genaue und vielfache Analyse und Erforschung der Religionen" zu den fünf Wahrheiten, die wir vorher erwähnten 1.

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Mit der Veröffentlichung seiner Gedanken leitete er eine grofse geistige Bewegung ein, die fast zwei Jahrhunderte die Gebildeten Europas beschäftigte und unter den verschiedenen Bezeichnungen Deismus“, „Aufklärung", „Naturalismus“, Freidenkertum" überall in der Wertschätzung des mit der natürlichen Religion verbundenen sittlichen Handelns und der Abneigung gegen die Priester und Dogmen der positiven Religion übereinstimmte. Die Wandlungen der deistischen Lehre zu verfolgen erfordert unsere Aufgabe nicht; aber wir müssen im folgenden Kapitel beobachten, wie sie einen wesentlichen Teil des Inhaltes der zeitgenössischen Philosophie in sich aufnahm. Wir werden dann imstande sein, die Aufgabe zu lösen, die am Ende des vorigen Teiles gestellt wurde. Der Deismus bildet das letzte Glied der Kette, mit welcher der Rationalismus den Geist des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts in Fesseln schlägt. Nach allen Richtungen breitet er sich aus; von den Mächten der Wirklichkeit wendet er sich ab: von dem positiven Rechte, der religiösen Sittlichkeit, den überkommenen Religionen; sie erscheinen ihm alle gleich unnatürlich und schlecht. Alles historisch Gewordene mifst er an dem Mafsstab der Vernunft; Recht, Sittlichkeit und Religion sollen zu ihrer unverfälschten Quelle, der Natur zurückkehren.

Und nun zeigt sich eine eigentümliche Erscheinung: der auf die Spitze getriebene Rationalismus schlägt in Historismus um. Der Gedanke tritt nicht selten auf, dafs das wahre Gesetz und die wahre Religion in einer fabelhaften Urzeit gegolten hätten.

1 Lechler S. 39-42.

2 Herberts Methode hat eine grofse Ähnlichkeit mit der Gleichsetzung des „jus quo omnes gentes utuntur" und des jus quod naturalis ratio constituit". Grotius nennt das ungeschriebene Recht, „das nur die Natur gebietet oder die Übereinstimmung aller Völker bestimmt“, a. a. O. Einleitung 26.

3 Einige Denker nehmen an, dafs das Urchristentum mit der natürlichen Religion identisch, bezüglich die Wiederherstellung derselben sei. Es giebt Naturrechtslehrer, welche der Ansicht sind, dafs der Inhalt des römischen Rechts gröfstenteils mit dem des Naturrechts übereinstimme (wahrscheinlich weil Pufendorf soviel römisches Recht in das Naturrecht herübergenommen hatte); allerdings fehlten ihm die Principien des natürlichen Rechtes. So glaubt man zur selben Zeit, dafs die griechische Kunst das Musterbild für alle Völker und Zeiten sei; in dieser Unklarheit sind auch noch Geister befangen, die im übrigen alle Konsequenz des historischen Standpunktes ziehen.

Diese Ansicht, die wir zuerst bei den Stoikern fanden, regt die Geister an, dem Ursprung der positiven Institutionen nachzuspüren. Ich nenne nur ein Beispiel. Cumberland hat nicht nur ein berühmtes Werk über die „Naturgesetze" geschrieben, sondern auch über die phönizische Religion und die Anfänge der Menschen. Er glaubte Aufschlüsse über die Geschichte der Menschheit vor der Sintflut geben zu können. Es ist schwer, sich aus der Darstellung seines Biographen Payne eine Vorstellung von dem Inhalte jener Werke zu machen; aber er sagt uns sehr deutlich, wie Cumberland zu diesen Studien geführt wurde. Der Papismus machte so grofse Fortschritte in England, dafs Cumberland seine Gedanken darauf richtete de quelle manière l'idolâtrie s'était introduite dans le monde".

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Die stoische Lehre von dem goldenen Zeitalter reizte aber auch wieder diejenigen zum Widerspruche, welche sich auf die Entwicklungstheorie des unverfälschten Epikureismus besannen. Und so bahnte der Rationalismus von beiden Seiten her historischer Forschung die Wege.

Wie aber hätte die rationalistische Zeitströmung eine solche Stärke erreichen können, wenn nicht in den positiven Institutionen so vieles unnatürlich und vernunftwidrig geworden wäre? Wie liefse es sich sonst erklären, dafs man sich an dem Widerspruch der Naturrechtslehrer, die doch alle das für alle Zeiten und Völker geltende Recht verkünden, so wenig stiefs, dafs Bielfeld in seinem bekannten Werke „Institutions Politiques" einmal eine Anweisung für diesen Fall giebt?

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