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die Güte seiner Natur, seine Selbstherrlichkeit, seine Souveränität : kurz seine ethische Berechtigung zum Genufs jener Rechte.

Der Einflußs Shaftesburys, welcher sich über alle Kulturländer Europas erstreckte, mufste aus jenem Grunde dort den Individualismus am kräftigsten zur Geltung bringen, wo das Lockesche Naturrecht Boden gefunden hatte und die Shaftesburysche Ethik, wenn auch selbständig, doch mit Treue gegen den Meister weitergebildet wurde. Dies war vorzugsweise in Schottland der Fall. Die Hutcheson, die Hume und Smith, sie alle haben auf den Grundlagen Shaftesburys weitergebaut. Die Erkenntnis der allgemeinen philosophischen Grundlagen der Nationalökonomie des vorigen Jahrhunderts erfordert es nicht, auf ihre voneinander gewil's verschiedenen Lehren einzugehen. In allem Wesentlichen sind die Grundlinien des Systems Shaftesburys bestehen geblieben: die Herleitung des Sittlichen aus einem Gefühle, welches selbstherrlich billigt oder milsbilligt, der gesellschaftliche Ausgangspunkt oder Hintergrund der Betrachtung, die reiche psychologische Analyse und die unbefangene Würdigung der menschlichen Natur. Vor allem wird die sittliche Berechtigung der Selbstliebe anerkannt. Die gesellschaftliche Notwendigkeit und Bedeutung des Vergeltungstriebes, des Strebens nach Ehre und Ansehen, vor allem des Erwerbstriebes sind immer wieder betont worden. Wie schon oben gesagt wurde, für alle diese Mo alphilosophen ist die Selbstliebe ein wichtiges Element des Sittlichen; aber es ist nicht die Quelle des Sittlichen. Das sittliche Gefühl, ein moralischer Sinn, das Gewissen oder wie auch immer jene innere Stimme genannt worden ist, beurteilt die Handlungen nach ihrem sittlichen Werte, und dieser sittliche Sinn billigt die gemäfsigte Selbstliebe im allgemeinen und ein wohlgerütteltes Mafs von Erwerbstrieb im besondern. Dieser verschafft uns ja in reichlichem Mafse alle die Dinge by which we are well provided for, and maintain'd" 1.

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Nun verfliegt auch jener Widerspruch in sein Nichts, den man in den zwei Werken von Adam Smith hat finden wollen. Die Sympathie ist der Keim, aus welcher das Organ sittlicherErkenntnis heranwächst; dieses aber billigt das „private interest". Dafs jener Widerspruch hat entdeckt werden und gläubige Anhänger finden können, ist ein Beweis dafür, dafs niemand die Mühe auf sich nehmen wollte, die Theorie der moralischen Gefühle von Anfang bis zu Ende aufmerksam durchzulesen 2. Denn die Meinung von Adam Smith liegt nicht etwa tief verborgen, er spricht sie ganz deutlich aus. Und es ist so auch nichts Neues,

1 Shaftesbury, B. II, P. II, Sect. 2, II, p. 139.

2 Ich benutze diese Gelegenheit, um auf die Schrift von Dr. Richard Zeyss „Adam Smith und der Eigennutz“, Tübingen 1889, hinzuweisen, und freue mich, dass ich mit dem wichtigsten seiner Ergebnisse übereinstimme, nämlich der vollständigen Harmonie zwischen der Ethik und politischen Ökonomie Smiths.

was er vorträgt. Sein Lehrer Hutcheson, sein Freund Hume, der Ahnherr der ganzen Schule, Lord Shaftesbury, sie alle haben ähnlich gedacht. Aber dies zu beweisen würde die Grenzen überschreiten, welche dieser Schrift durch ihren Titel gesteckt sind. Ich gedenke aber in einem Werke über Adam Smith diesen Punkt ausführlich darzulegen.

Die Aufdeckung eines andern Irrtums wird das Ganze noch mehr erhellen. Adam Smith ist wohl deshalb getadelt worden, dafs er in seiner Kritik der ethischen Systeme Mandeville nicht energisch genug entgegengetreten sei; ja, man hat gemeint, die Milde seiner Polemik beweise, dafs er sich von der Ketzerei des Gegners nicht frei gefühlt habe. Aber was hat denn Mandeville zu beweisen gesucht? Dafs der Wohlstand der Gesellschaften, die Stärke und Gröfse der Staaten davon abhängig seien, dafs man den sinnlichen Bedürfnissen, dem Erwerbstriebe, dem Vergeltungstriebe und der Sucht nach Ehren und Auszeichnung freies Spiel lasse. Diese aber würden von der Religion nicht gebilligt, ja sogar als Laster betrachtet. Und das wären sie auch vom Standpunkte der philosophischen Sittlichkeit: denn die Tugend bestehe in der Beherrschung der sinnlich-selbstsüchtigen Menschennatur. So stehe man vor der betrübenden Wahrheit, dafs die Sittlichkeit zur Armut der Gesellschaften und Schwäche der Staaten führe, und denjenigen Eigenschaften, welche die Kultur am meisten förderten, ihrem Träger weder Hoffnung auf himmlische Glückseligkeit noch Anspruch auf Tugendhaftigkeit gäben. Was konnte Smith hierauf allein erwiedern? Dals Mandevilles Ansicht von der menschlichen Natur und der Tugend irrig seien. Erstens wären die menschlichen Triebe an sich indifferent, und zweitens sei ein mässiger Grad des Erwerbstriebes, des Vergeltungstriebes, des Triebes nach Ehre und Ansehen, der Freude am sinnlichen Genufs durchaus nicht zu verwerfen, mit der Tugend wohl verträglich und für des Bestehen des Ganzen notwendig. Im übrigen habe Mandeville darin Recht, dafs die Überwindung aller unserer Leidenschaften Gesellschaft und Staat zum Stillstand bringen würde, und man müsse ihm dankbar dafür sein, dafs er, wenn auch in übertriebener und einseitiger Weise, nachgewiesen habe, wie sehr das Wohl des einzelnen und des Ganzen vom Egoismus abhänge. So ungefähr lautet auch Smiths Kritik Mandevilles, in der dasjenige ebensoviel Interesse verdient, was er deutlich ausspricht, wie das andere, was er vorsichtig nur andeutet. Smith hätte noch hinzufügen können, dafs Mandeville unbewusst für Shaftesbury Zeugnis abgelegt habe, indem er dargestellt, wie aus dem Unvernünftigen, nicht aus dem Handeln nach Vernunft und Einsicht das Grofse und Gute hervorgehe, weil Gott dem Menschen Instinkte gegeben habe, deren dunkler Drang ihm auch ohne Erkenntnis den rechten Weg weise. Aufserdem sei das Werk auch deshalb vom Standpunkt Shaftesburys zu begrüfsen, weil es das wissenschaftliche Gebiet auf

psychologische Grundlagen stelle. Dies war aber nicht notwendig, das hatte ein Gröfserer als Adam Smith lange vor ihm gethan, nämlich Hume in der Einleitung zu seinem „Treatise on Human Nature".

Diese Erörterungen ergeben noch ein anderes Resultat, das den Schlufs dieser Betrachtung bilden soll. Shaftesbury hält dem christlich-asketischen Menschen- und Lebensideal, das auch bei Descartes und Spinoza, wenn auch in so eigentümlich neuer Gestalt, erscheint, und dem mit der christlichen Lehre verquickten Epikureismus die antik-heidnische Welt- und Lebensanschauung, bereichert durch die moderne, gegenüber. Wenn ich mir ein Urteil hierüber gestatten darf, so geht von Shaftesbury, dem Zeitgenossen Bentleys, eine neue Renaissance des klassischen Altertums aus, welche in der Litteratur der drei wichtigsten Kulturvölker des 18. Jahrhunderts, nicht zum mindesten in der unsrigen, ihre tiefen Spuren hinterlassen hat. Die religiöse Bewegung, welche im 16. und 17. Jahrh. der humanistischen so feindlich wurde, hatte sich ausgelebt, und die Antike gewann neue Kraft und erregte neue Begeisterung.

with theiffeshury VI. ([punten)

Die Ethik und die Bedürfnisse der Zeit1.

Worin das Antik-heidnische in Shaftesburys Moralphilosophie besteht, bedarf nur einer kurzen Erörterung. Es ist erstens die Auffassung des Menschen nicht als eines isolirten Individuums, sondern als eines Teiles der menschlichen Gesellschaft; zweitens die unbefangene Schätzung der menschlichen Triebe, die im gesunden, normalen Menschen alle gut sind, alle zur Erhaltung des Ganzen und des individuellen Teiles dienen: im schroffsten Gegensatz zu der christlichen Lehre, die alle Begehrungen und Strebungen der ungeheiligten Nachkommen Adams für böse erklärt; hiermit im engsten Zusammenhange drittens die Möglichkeit, aus den menschlichen Trieben das Sittliche herzuleiten, das also wie in der besten Zeit des griechischen Altertums für nichts Unnatürliches gilt; viertens die kraftvolle Einführung der Tugenden der Selbstliebe in das Moralsystem, die neben den socialen Tugenden, der Hinterlassenschaft des Christentums, Platz finden; endlich fünftens das unerschütterliche Zutrauen zur menschlichen Vernunft.

Es bedarf ja kaum der Erwähnung, dafs Shaftesbury nicht in allen jenen Stücken der Pfadfinder der modernen Ethik gewesen ist. Sobald man anfing, die Moralphilosophie der Alten

1 Die geistvollste und klarste, weil auf einer eingehenden Vergleichung des heidnischen und christlichen Lebensideals beruhende Darstellung der antiken und christlichen Tugendlehre giebt Paulsen, System der Ethik I, p. 50 ff.

zu reproduzieren oder auf antikem Fundamente neu aufzubauen, mufste man in Konflikt mit der christlichen Lehre kommen und den einen oder andern der erwähnten Punkte ausführen. Sogar der durch den Augustinismus verfälschte Epikureismus hat einige Züge der antiken Ethik behalten: die Selbsterhaltung als Zweck alles Sittlichen, die Vernunft als Mittel, um ihn zu erreichen. Das grotianische Naturrecht hatte die sociale Veranlagung der menschlichen Natur nachzuweisen gesucht und aus dem Triebe zur Gemeinschaft unter Mithilfe der Vernunft das Naturrecht abgeleitet. Hierzu kam ein origineller, feinsinniger Nachweis, dafs der Mensch ein geselliges Wesen sei, welchen Cumberland in einer Schrift führte, die in die früheste Jugend Shaftesburys fällt. Man erinnert sich weiter des allgemeinen Vertrauens, welches die menschliche Vernunft bei den Naturrechtslehrern genofs. Dals der Egoismus zur irdischen Wohlfahrt der Gesellschaft und des Staates notwendig sei, war endlich von Mandeville überzeugend nachgewiesen worden. Endlich war von Bacon behauptet worden, dafs es zwei Haupttriebfedern menschlichen Handelns gebe, von denen die eine auf das Einzelwohl, die andere aufs Gesamtwohl ziele'.

Ausserdem hatte die Reformation einige dieser Tendenzen verstärkt. Selbst Paulsen, welcher die Abwendung von der christlich-asketischen Lebensanschauung nicht für die Ursache der Reformation hält, meint, diese habe mitgewirkt, „dem Leben der Menschen die Richtung auf das Diesseits, auf die Erde, auf die Kultur zu geben und es von der Richtung auf das Jenseits und die Erlösung zu entwöhnen“ 2. Und: die Berufung auf die besser ausgelegte Schrift war also unter allen Umständen zuletzt Berufung auf die eigene Vernunft und das eigene Gewissen" 3,

So haben also Renaissance und Reformation sich auch dazu vereinigt, die sittlichen Anschauungen der modernen Menschheit auszuprägen. Wenn aber unsere Ansicht von dem Zusammenhang der Theorieen und den Bedürfnissen der Zeit richtig ist, so wird man in jenen nur Spiegelungen der Gefühle gröfserer oder geringerer, jedenfalls mächtiger Bruchteile der Völker erblicken können. Um diesen eine theoretische Grundlage zu geben, knüpfen die führenden Geister an frühere Doktrinen an, stutzen sie für ihre Zeit zurecht, bilden sie weiter, erfüllen sie mit dem Lebensinhalte ihrer Periode. Und worin bestand dieser?

Analysieren wir die wesentlichen Charakterzüge der modernen Völker, so finden wir folgende: das Streben der Fürsten nach

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1 Es ist ohne Zweifel Bacons Absicht, letztere als die Quelle des Sittlichen zu bezeichnen." Jodl, p. 95.

2 System der Ethik a. a. O. I, p. 108.

3 a. a. O., p. 109.

4 Siehe die geistvolle Charakterisierung des Mercantilismus bei Schmoller: „Studien über die wirtschaftliche Politik Friedrichs des Grofsen“ S. 15 ff. Schmoller's Jahrbuch 1884.

Herstellung kraftvoller Territorial- oder Nationalstaaten, daraus hervorgehend die Beherrschung anderer Völker oder Volksteile, aber auch das Ringen um die staatliche Selbsterhaltung, welche einen kräftigen, staatlichen oder nationalen Egoismus, die Freude an Ehre und Auszeichnung, vorausetzen; zur erfolgreichen Herstellung der Territorial- und Nationalstaaten, wie der Beherrschung Fremder und der Selbsterhaltung gegen Fremde, die Vermehrung der Bevölkerung und die Steigerung aller wirtschaftlichen Kräfte: diese abhängig rechtlich von der Niederreifsung der Schranken der lokalen Wirtschaftsgebiete und der Ausdehnung einheitlicher grofser Wirtschaftsgebiete mit freier Zirkulation im Innern, ökonomisch von der Vermehrung der Strafsen, der Transportanstalten und des Geldes, sittlich von dem ungehinderten, auch illegitimen Walten eines kräftigen Erwerbstriebes und des Geschlechtstriebes, die nur an die eigene sinnliche Befriedigung denken, aber dem Ganzen im System der Arbeitsteilung und durch die Steuergesetzgebung der Staatsgewalt dienstbar gemacht werden; damit der wirtschaftliche Egoismus und der Geschlechtstrieb möglichst viele Güter und Menschen hervorbringen können: Beherrschung der Natur durch die Entfaltung der Technik, welche die Pflege der Naturwissenschaften voraussetzt. So unterhält der wirtschaftliche Egoismus Heere und Flecken; er produziert die Maschine, welche die Möglichkeit gewährt, grössere Mengen von Menschen zu unterhalten oder eine geringere Anzahl in erhöhtem Malse an den Früchten der geistigen, sittlichen oder materiellen Kultur teilnehmen zu lassen. Ja, er wird dem ungehinderten Walten des Geschlechtstriebes selbst feindlich; denn der Produktionsprozess beruht nun nicht mehr so sehr auf einer kunstvollen Arbeitsteilung, wie auf der Anwendung arbeitsparendender Maschinen. Und die Erhaltung einer kräftigen Heeresmacht verträgt sich ökonomisch besser mit der Aufziehung einer geringeren Anzahl lebenskräftiger Menschen, als der Ernährung einer gröfseren, von denen ein starker Bruchteil rasch wieder stirbt.

Die Erkenntnis, dafs die moderne Volkswirtschaft auf dem freien Walten des Selbstinteresses beruht, findet sich, soweit meine Kenntnis reicht, zuerst vonholländischen Schriftstellern oder von Schriftstellern, die in Holland lebten, mit aller Deutlichkeit ausgesprochen. Dies erscheint natürlich, da in diesem Lande die moderne Volkswirtschaft zuerst zu einer gewaltigen Entfaltung gekommen ist, überhaupt alle Tendenzen des modernen Lebens dort zum energischsten Durchbruch gelangt sind. Welchen Anteil das kleine Land an der Entwicklung der Philologie, des Naturrechts, der modernen Philosophie gehabt hat, wurde kurz berührt. Ich will nur daran erinnern, dafs die Malerei, diese treue Schilderin der Volksseele, das Gebiet der religiösen Kunst, der edlen Formen, der architektonischen Gliederung, wenn auch nicht verlässt, so doch mit Vorliebe ihrer Freude an der Landschaft, am Meere, an den Blumen, an dem kräftigen, derben Volks

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