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vortreten, je schlechter der Mensch dem Theoretiker erscheint und je höher und idealer er das Lebensziel setzt.

Die Aphorismen haben um so mehr Wichtigkeit für die psychologische Analyse; man darf sie Weiterbildungen der Epikureischen Psychologie nennen. Die kurze und doch so klare Darstellung, feine Beobachtung, eindringliche Analyse, satyrische Schärfe erwarben der Auffassung Freunde, dafs alle menschlichen Gefühle und Begehrungen in einem unmittelbaren oder mittelbaren Verhältnis zum Egoismus stehen. Genaue Kenner der epikureischen Keime und der zeitgenössischen religiösen, philosophischen und schönen Litteratur Frankreichs werden Larochefoucaults Bedeutung vielleicht geringer anschlagen; die Anregungen, die er in der epikureischen Gesellschaft erfuhr, können wir, soweit meine Kenntnis reicht, gar nicht in Erfahrung bringen. Als sein bedeutendstes Verdienst erscheint es, dafs schon Larochefoucault Selbstliebe und Selbstinteresse unterschied. Auch wird von ihm das, wenn auch seltene Vorkommen altruistischer Neigungen durchaus nicht geleugnet, nur dafs er auch sie aus der Selbstliebe herleitet. Er hat in der psychologischen Analyse Fortschritte vollzogen, die wir in Erörterungen über diesen Punkt heutigen Tages zuweilen vermissen.

Nicht lange nachher wird eine in der psychologischen Auffassung dieser ähnliche Lehre von Locke vorgetragen. Er sucht das Sittliche aus Lust- und Unlustempfindungen zu erklären: der Verstand gelangt durch die Erkenntnis des Glückes und Unglückes, welche die von Gott eingesetzte Naturordnung bestimmten Handlungen folgen läfst, zu Erfahrungssätzen über Gestattetes und zu Vermeidendes, welche ihre Sanktion durch das positive Gesetz und die öffentliche Meinung erhalten 1. So grofs nun auch die erobernde Kraft der Lockeschen, gröfstenteils zuerst von Cumberland und Hobbes ausgesprochenen Ideen angeschlagen werden mufs, so hat doch in England sehr wahrscheinlich Mandeville am meisten zur Verbreitung einer niedrigen Ansicht von der menschlichen Natur beigetragen.

Er setzt alle Handlungen in Beziehung auf die Selbstliebe; die Tugend ist nach ihm objektiv ein Mittel, um weisen und herrschsüchtigen Menschen die Leitung der Massen zu ihren Zielen zu ermöglichen; subjektiv geht sie aus dem Wunsche eitler und ehrgeiziger Menschen nach Bewunderung und Ansehen hervor. Von folgenschwerster Bedeutung aber war es, dafs Mandeville mit dieser psychologisch-ethischen Anschauung an die Erklärung des wirtschaftlichen Lebens herantrat. Das Getriebe der wirtschaftlichen Welt erklärt er allein aus dem Spiel mannigfacher, sehr oft frivoler Bedürfnisse und rein selbstsüchtiger Regungen. Der Egoismus ist das grofse Triebrad der menschlichen Wirtschaft. Von dieser Erkenntnis gelangt er zu einer origi

1 Siehe Jodl a. a. O., p. 145 ff.

nellen Auffassung der ethisch-socialen Grundlagen der Volkswirtschaft. Obwohl seine Ansicht von der Gesellschaft eine organische ist, so erblickt er in ihr wirtschaftlich zunächst nur Individuen, welche durch den Trieb nach Genufs und Gewinn zur höchsten Anstrengung angespornt werden, aber gröfstenteils, ohne es zu wissen und zu wollen, durch das System der gesellschaftlichen Arbeitsteilung gewissermassen in eine altruistische Wirksamkeit hineingezwungen werden; sie müssen Dienste gegen einander austauschen und darum auch für andere schaffen. Also ist die Volkswirtschaft infolge der Arbeitsteilung eine Tauschgesellschaft egoistischer Individuen. So wichtig nun auch seine Hervorhebung der Arbeitsteilung ist, so hat Mandeville doch ihre spezifisch national-ökonomische Seite noch nicht gesehen; er betrachtet sie nicht als ein Mittel, um die Masse der Produkte zu vermehren. Ebenso wichtig war es, dafs er, angeregt durch die christliche Lehre von dem Fluche, welchen Gott über die Erde und die ersten Menschen nach dem Sündenfalle aussprach, und belehrt durch die Beobachtungen, welche er in seinem Geburtslande Holland gemacht hatte, die wirtschaftliche Arbeit als einen mühevollen und nicht selten gefährlichen Kampf mit der Natur, die Arbeit selbst als eine Last betrachtete. Im Schweifse seines Angesichtes soll der Mensch sein Brot essen. Daher erscheint es ihm so wichtig, die Arbeiterklasse in dem thatsächlichen Zustande wirtschaftlicher Hörigkeit zu erhalten.

Ich will nicht dabei verweilen, wie seltsam sich auch in Mandeville epikureische und christliche Gedankenelemente durchdringen, ich will auch nicht nachzuweisen suchen, dafs die ethischsocialen Grundlagen: Bedürfnisse und Egoismus, Arbeitsteilung und Tauschgesellschaft, Kargheit der Natur und Last der Arbeit, welche Mandeville für die Volkswirtschaft aufzeigt, thatsächlich diejenigen der englischen politischen Ökonomie sind. Denn wer einmal ein Lehrbuch der theoretischen Nationalökonomie in der Hand gehabt hat, wird sie wiedererkennen. Bei Smith treten sie sehr klar hervor; er verbindet aber damit die organisch-physiologische Theorie der Volkswirtschaft, welche von Quesnay aufgestellt worden war.

Dagegen möchte ich bemerken, dafs Mandevilles Lehre von der wirtschaftlichen Gesellschaft eine konsequente Weiterentwicklung der Grundanschauung des epikureischen Naturrechtes ist, welches einen individualistischen Charakter hat. Mandeville baut auch auf dem Fundamente der Gassendi und Hobbes. Originell aber war es, dafs er den wirtschaftlichen Gesichtspunkt in die naturrechtliche Gesellschaft hineintrug. Die Menschen der wirtschaftlichen Gesellschaft werden nicht durch das egoistische Bedürfnis nach Frieden, sondern durch das ebenso selbstsüchtige Bedürfnis nach den Diensten anderer zusammengebunden.

Diesem sich von Montaigne bis Mandeville erstreckenden und Forschungen (43) X 2. Hasbach.

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allmählich verbreitenden Gedankenstrom grub später Helvetius ein weites Bett in seinem Werke „De l'Esprit", welches 1758 erschien. Die Lehre hat noch später in England und Frankreich Freunde und Vertreter gefunden; ihre Betrachtung würde den Zweck dieser Darstellung in keiner Weise fördern.

III.

Die Periode der Selbständigkeit.

Der Anfang der dritten Periode, derjenigen der Selbständigkeit, welche wir auf die erste und zweite folgen lassen, liegt schon in den beiden vorhergehenden. Die Begründer einer unabhängigen philosophischen Ethik sind Descartes in Frankreich 1 und Shaftesbury in England. Doch wenn wir ihnen diese Stellung zuweisen, so verkennen wir nicht, dafs der erstere den dualistischen Charakter der christlichen Lehre nicht zu überwinden vermochte, der Geist Beider einen grofsen Teil seiner Nahrung aus den Schriften der Alten und nicht zum mindesten der Stoiker zog. Auch erheben sich die Verdienste des Franzosen bei weitem nicht zur Höhe derjenigen des Engländers. Während Descartes eben nur die Grundlagen seiner Lehren skizziert, hat Shaftesbury in genialer, wenn auch durchaus nicht in einer gegen alle Stürme gefeiten Weise das Lehrgebäude in allen seinen Teilen aufgerichtet. Dies erklärt es dann auch, dafs Shaftesbury Butler und Hutcheson gegenüber eine weit autoritativere Stellung einnimmt, als Descartes Malebranche und Spinoza gegenüber. Die Anregung, welche von den Jüngern ausgeht, bringt Männer, wie Leibnitz und Wolff einerseits, Hume und Smith andererseits, zu welchen selbständigen Ergebnissen sie auch

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1 Dieses Urteil wird überraschen, da die Philosophen ziemlich einstimmig die Unbedeutendheit der Cartesianischen Ausführungen auf dem Gebiete der Ethik anerkannt haben. So urteilt Jodl : Von irgend welcher grundlegenden Thätigkeit kann dabei keine Rede sein: was er dabei vorbringt, sind grofsenteils Reminiscenzen aus der antiken Ethik.“ Er rühmt dagegen die Affektenlehre, vermifst aber die Darlegung, wie sich auch dem Drängen der Affekte der konsequent gute Wille erhebe, als welchen Descartes die Sittlichkeit definiere. Für wichtiger hält er seine metaphysische Anschauung über das Sittliche, a. a. O., p. 258, 259. Teilweise ähnlich Liard: „il renouvelle en morale les solutions de Socrate et des Stoïciens ... il obéit à l'empire des souvenirs et des traditions.“ Die Moral Descartes' sei kurz diese: "Il suffit de bien juger pour bien faire etc. (Descartes 1882, p. 246 fg) Vergleiche auch Wundts geistvolle Darstellung in seiner,Ethik'. Ich folge im Paragraphen IV Windelband, weil er, wie mir scheint, am klarsten die originelle Richtung Descartes' dargestellt hat, in welcher sich seine Nachfolger bewegten. Sind diese aber zu originellen Leistungen gelangt und läfst sich deren Keim bei Descartes nachweisen, so wird man ihn wohl auch als einen Begründer der modernen Ethik betrachten müssen, wie geringfügig auch seine Thätigkeit gewesen sein mag.

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gelangt sein mögen, doch in innere Beziehungen zu den Gründen der selbständigen Schulen. Nur wird Smith durch ein viel festeres Band an Shaftesbury geknüpft, als Wolff an Descartes.

Beide Schulen haben ziemlich unabhängig voneinander ihre Probleme erörtert; das liegt in der fundamentalen Verschiedenheit ihres wissenschaftlichen Charakters. Die von Frankreich a -ausgehende Reihe von Moralphilosophen bindet die Ethik an die Metaphysik. England bringt eine stattliche Anzahl von ethischen Empirikern hervor, welche die Wurzel alles Sittlichen in einem Gefühle suchen; doch entbehrt auch diese Schule nicht der Voraussetzung einer Metaphysik. In beide Reihen aber drängen sich störend und fördernd die epikureisch-reformatorisch-augusti-.. nischen Anschauungen vom menschlichen Egoismus. Die englische Schule hat sich wohl ausführlicher mit ihnen auseinandersetzen müssen als die französich-niederländisch-deutsche; aber in Spinozas System sind sie zu viel kräftigerer Entfaltung gekommen. Aber auch die englische Schule verhält sich durchaus nicht ablehnend gegen sie, nur dafs sie die theoretischen Ansprüche der Individualisten zurückweist. Sie leugnet den Egoismus als Princip des Moralischen; aber sie anerkennt ihn als ein wichtiges Element der Ethik. Sie glaubt nicht, dass sich aus dem Egoismus die sittlichen Erscheinungen herleiten lassen; aber sie betrachtet ihn als eine gewaltige und in gewissen Grenzen berechtigte Macht im menschlichen Leben. Hätte man stets den Egoismus als Princip und Element des Sittlichen unterschieden, so wären die sonderbaren Betrachtungen über den Widerspruch in Adam Smiths Werken unmöglich gewesen.

Fragen wir nun, wie es denn komme, dafs gerade die englische Ethik die meisten Erörterungen über die Bedeutung des menschlichen Egoismus zu Tage gefördert hat, obgleich die epikureisch-augustinischen Anschauungen doch von Frankreich ausgegangen waren und von dort ihre Ausprägung empfangen hatten, so kann man mit gutem Rechte antworten: es liegt daran, dass Hobbes, Locke und Mandeville, die energischsten, bekanntesten, am meisten gelesenen Vertreter dieser Theorien, Engländer waren, so sehr der erste und letzte ihrer Bildung oder Abstammung nach als Franzosen betrachtet werden müssen. Ja, noch mehr, Hobbes ist das Triebrad der vorshaftesburyschen, Mandeville dasjenige der Ethik nach Shaftesbury. Aber es wäre doch eine sehr äufserliche Erklärung. Eine, wie mir scheint, mehr den Kern der Sache treffende suche ich später in einem besseren Zusammenhange zu geben. Hier ist es wohl angezeigter, einen Überblick über das Gesamtgebiet zu gewinnen.

Es gehen im 18. Jahrhundert drei ethische Grundrichtungen nebeneinander her: eine metaphysische, eine empirisch-sentimentale (Gefühlsethik) und eine empirisch - egoistische (Theorie des Selbstinteresses). Als den Endpunkt, bezüglich Höhepunkt der einen kann man Wolff, als den der andern Adam Smith und

G. W. Ayphers.

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als den der dritten Helvetius betrachten. So ist die Geschichte der modernen philosophischen Ethik bis tief in das 18. Jahrhundert hinein die Geschichte des Ringens des englischen und des französischen Geistes. Frankreich ist die Heimat sowohl der metaphysischen Vernunftsittlichkeit, wie der empirischen, egoistischen Verstandessittlichkeit; England giebt der Ethik durch Bacon eine neue Methode und durch Shaftesbury eine neue Grundlage im Gefühle. Erst nachdem diese Schulen reiche Früchte getragen haben, wiewohl ihre Kräfte durchaus noch nicht erschöpft sind, weist Kant der Moral neue, wenn auch unnatürliche Bahnen.

Unverhältnismässig grofs erscheint der Anteil Frankreichs an der Entwicklung der modernen Kultur, soweit sie hier in unsern Gesichtsbereich fällt. Im 16., 17. und 18. Jahrhundert haben Franzosen für den Sieg der naturrechtlichen Ideen gewirkt, im 16. und im 18. mit Enthusiasmus und Fanatismus, dort die grofsen Juristen, hier die Physiokraten und J. J. Rousseau. In denselben Jahrhunderten erwarben sie sich gleichfalls grofse Verdienste um die Schaffung einer selbständigen philosophischen Ethik. Gewissermafsen als Vorposten des französischen Geistes stehen Hobbes und Mandeville auf dem Boden Englands. So werden wir denn eine Übersicht über die Entfaltung der beiden Schulen selbständiger Ethik am passendsten mit Descartes und seinen Nachfolgern beginnen.

IV.

Die metaphysische Ethik.

Im folgenden wird man keine geschichtliche Darstellung der neueren Ethik erwarten. Sie interessiert uns nur soweit, als sie der Erkenntnis der philosophischen Grundlagen der französischenglischen Nationalökonomie dient. Da nun die metaphysische Schule nach dieser Richtung von sehr geringer Bedeutung ist, so wird sie nur eine flüchtige Aufmerksamkeit beanspruchen dürfen.

Über Descartes sagt Windelband: Dieselbe Vernunft, welche der Angelpunkt seiner theoretischen Philosophie war, wurde auch das Princip seiner Moral... das ganze moralische Leben besteht daher nach ihm in einem Kampfe der denkenden Seele mit jenen störenden Lebensgeistern des physischen Organismus, und das Ideal des sittlichen Lebens liegt für ihn darin, dafs der Geist durch die Überwindung der Leidenschaft sich zu voller Klarheit und Deutlichkeit emporarbeitet "1. Was Cartesius gab, waren Ansätze zu einem ethischen System; die Keime wurden von Malebranche weiter entwickelt. Seine Moralphilosophie geht von Gott aus, welcher die Ursache aller Erscheinungen ist und sich mit unend

1 Windelband, Geschichte der neueren Philosophie I, p. 179 u. 181.

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